Das Buchstöckchen vom Herrn Lingenhöhl

Hej, das ging aber flott – der @lingenhoehl hat das Buchstöckchen im Flug abgepasst und schon schickt er es weiter an @larosadelmundo und den @fischblog. War ja klar, dass er eine Ahnung von Flugbahnen hat! Aber lest selbst:

Daniel, welches Buch liest Du momentan? Warum liest Du das Buch? Was magst Du daran?

Ich lese momentan drei Bücher und habe ein viertes kürzlich beendet – mit dem ich auch anfangen will: „San Miguel“ von T.C. Boyle über das Leben dreier Frauen auf der Insel San Miguel vor der Küste Kaliforniens. Sie gehört zu den so genannten Kanalinseln und ist heute Teil eines Nationalparks. Doch zu der Zeit, in der die (drei aufeinander aufbauenden) Geschichten spielen, wohnten dort auch einige Farmer, die Viehzucht betrieben. Der Roman spielt ab 1888, als die schwindsüchtige Maranta mit Mann und Tochter dorthin übersiedelt, weil sie sich dort Genesung erhoffte, während ihr Mann zu Reichtum gelangen wollte. Typisch für Boyle scheiterten natürlich beide. Dem konnte sich auch die Tochter Edith nicht entziehen, die von dort ohnehin nur fliehen wollte. Die dritte Protagonistin, Elise Lester, liebt die Insel dagegen lange Zeit, bis… – mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden. „San Miguel“ schließt an das Buch „Wenn das Schlachten vorbei ist“ von Boyle an, das allerdings in der Moderne und auf einer der anderen Kanalinseln spielt. Das Buch hat mir – wie fast alles von Boyle – gut gefallen, auch wenn es für mich nicht an die Klasse von „América“, „Freund der Erde“ oder „Grün ist die Hoffnung“ heranreicht: Es fehlte mir etwas der für Boyle typische skurrile Humor.

Ansonsten lese ich gerade David Quammens „Spillover. Der tierische Ursprung weltweiter Seuchen“ über Krankheiten, die von Tieren auf Menschen überspringen und uns häufig schwer erkranken oder gar sterben lassen wie Ebola, HIV, Nipah und andere Scheußlichkeiten. Quammen gehört für mich zu den brillantesten Wissenschaftsautoren, und das zeichnet auch dieses Buch aus. Faktenreich, kundig und im Reportage-Stil vermittelt Quammen, warum auch im 21. Jahrhundert immer wieder neue Seuchen ausbrechen, gegen die die Medizin noch kein Mittel kennt. Er erzählt, wo sie ausbrechen (und war selbst oft dort vor Ort), wie sie sich ausbreiten und wie Mediziner ihnen nachspüren. Ein absolut spannendes, relevantes und klasse geschriebenes Buch.

Dazu liegen momentan auf meinem Nachttisch die beiden Bücher „Facing extinction“ und „The World’s rarest birds“: Vogelkunde und Vogelschutz sind meine Leidenschaft und deshalb informiere ich mich via Zeitschriften und Büchern über das Schicksal dieser Tiergruppe und der Schutzanstrengungen, sie vor dem Aussterben zu bewahren. Beides sind Fachbücher, jedoch keine wissenschaftlichen Publikationen, sondern doch lebendig geschrieben – und vollgepackt mit Bildern der einzigartigen Tiere.

Leider fehlt mir die Zeit mehr Belletristik zu lesen, ich widme mich daher vor allem Sachbüchern.

 

Wurde Dir als Kind vorgelesen? Kannst Du Dich an eine der Geschichten erinnern? Gibt es einen Protagonisten, in den / die Du mal regelrecht verliebt warst?

Ja, mir wurde vorgelesen – erstaunlicherweise auch oft von meinem Vater. Erinnern kann ich mich vor allem an Bücher wie „Die kleine Hexe“, „Rasmussen und der Landstreicher“ und „Das kleine Gespenst“. Diese Bücher haben mir meine Eltern nicht nur vorgelesen, wir haben sie dann auch auf der Luisenburg in Wunsiedel auf der Freilichtbühne angesehen – wohl deshalb sind sie mir sehr gut im Gedächtnis geblieben. Viele der Kinderbücher habe ich mittlerweile auf dem Dachboden wiedergefunden und werde sie auch meinen Kindern vorlesen.

Ob es am Vorlesen lag, weiß ich nicht, aber es liegt nahe, dass ich wegen der Bücher wohl auch sehr bald selbst lesen wollte. Und ich war und bin eine Leseratte, deshalb war für mich Lesen lernen die wichtigste Fähigkeit, die ich in der Schule vermittelt bekam – und die ich ausgiebig nutze.

Verliebt war ich weder in die Protagonisten der vorgelesenen noch der selbst gelesenen Bücher. Aber ich hatte Helden, an deren Stelle ich gerne gewesen wäre. So fand ich Tarzan aus TKKG (bevor er zu „Tim“ wurde) ebenso klasse wie Justus aus den „Drei Fragezeichen“. Auch die „Jungs von Burg Schreckenstein“ mochte ich als Grundschüler, obwohl ich nicht in einem Internat hätte leben wollen. Und natürlich wäre ich gerne mit Winnetou und Old Shatterhand durch den Wilden Westen geritten.

In welchem Buch würdest Du gerne leben wollen?

Da gibt es zwei Kandidaten: als Elb im „Herr der Ringe“ – und, aktueller, ich wäre gerne an Stelle von Scott Wallace durch den Amazonas für seine Recherche zum Buch „The Unconquered. In Search of the Amazon’s Last Uncontacted Tribes“ gestiefelt. Für eine Reportage für National Geographic durfte er sich einem Expeditionsteam der brasilianischen Indianerbehörde FUNAI anschließen: Sie sollte überprüfen, ob ein bislang unkontaktiertes Volk in einem Indioreservat im westlichen Amazonas noch existierte und ob es ihnen gut ging – ohne dass sie selbst Kontakt mit den Menschen aufnehmen durften. Es ist eine abenteuerliche Reise durch eines der letzten Wildnisgebiete der Erde: kräftezehrend, fernab der Zivilisation, mit Giftschlangen und riesigen Spinnen, eintöniger Nahrung und durch unwegsames Terrain. Für einen Naturkundler und Journalisten der absolute Traum.

Welche drei Bücher würdest Du nicht mehr hergeben wollen?

Das „Handbook of the birds of the world“ gilt hoffentlich als ein Werk, obwohl es 17 Bände hat: Es zeigt alle bislang beschriebenen 10.000 Vogelarten der Erde und liefert kurze Informationen zu ihrer Biologie. Daneben dürfte „Der Herr der Ringe“ von Tolkien nicht fehlen, da man es immer wieder lesen und sich in der Fantasie in diese Welt hineinversetzen kann. Und als Letztes „Henriette Bimmelbahn“, das ich als Kind bereits vorgelesen bekommen habe und auch unser Sohn liebt. Und die Tochter bekommt es auch bald – es ist also eine Art Familienbuch.

 

Ein Lieblingssatz aus einem Buch?

„Der Freiheit und Schönheit von Vögeln wohnt etwas inne, das für die Seele des Menschen wie Balsam ist“ – aus dem Roman „Kleine Vogelkunde Ostafrikas“ von Nicholas Drayson. Damit ist eigentlich wirklich alles gesagt, warum ich Vögel mag und warum ich mich für ihren Schutz einsetze.

20131204_191651_Foto_dl

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert